Das Interview der Grünen Parteivorsitzenden, nimmt Juso-Sprecher und SPD-Kandidat für die Stadtverordnetenversammlung, Simon Witsch (27), zum Anlass, die Rolle der Frankfurter Grünen in der Stadtpolitik grundsätzlich zu hinterfragen:
„Die Grünen sind seit 1989 durchgehend mit hauptamtlichen Stadträten in der Regierung und versuchen sich zugleich als Opposition und Vertreterin außerparlamentarischer Interessen aufzuspielen. Da sie allerdings immer der Macht den Vorzug vor vorgespielter Überzeugung geben, ist davon in der Regierungspraxis nichts zu sehen. Das gilt für den Ausbau des Frankfurter Flughafens, die Rodung des Dannenröder Forstes für den Ausbau der A49, die Sperrung des Mainkais sowie den Bau von geförderten Wohnungen. In allen Auseinandersetzungen spielen die Grünen der Öffentlichkeit vor, dass sie leider, leider entgegen ihren eigentlichen Überzeugungen handeln müssten. Aber die Wahrheit ist: Die einzige Überzeugung, die bei den Grünen Funktionären wirklich zählt, ist der Wille an der Macht zu bleiben.“
Am ehrlichsten sei noch die Grüne Frankfurter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig, die offen dazu steht, dass sie mit den Bürgerinitiativen gegen Fluglärm nicht mehr spricht: „Hier haben die Grünen erkannt, dass ihr üblicher Spagat zu schmerzhaft wird, darum haben sie einfach den Kontakt abgebrochen. Beim Ausbau der A49 sind wir noch nicht in diesem Stadium, da übt sich der Grüne Hessische Verkehrsminister noch in derselben Verantwortungsverweigerung, die er gegenüber dem Ausbau des Flughafens gezeigt hat. So seien alle zuständig, nur nicht er.“
Die Grünen stehen nach Ansicht von Witsch für eine Politik der sozialen Betroffenheit, die in wirklichen Auseinandersetzungen sofort in sich zusammenfällt: „In Frankfurt stehen Wohnungen leer und zugleich warten tausende Menschen auf eine bezahlbare Wohnung. Trotzdem setzen die Grünen kein Zweckentfremdungsverbot durch, denn dann wäre ihre Machtbeteiligung in Hessen in Gefahr.
In Frankfurt hat Planungsdezernent Mike Josef durchgesetzt, dass alle Bauträger in jedem Neubauprojekt mindestens 30% geförderten Wohnraum schaffen müssen. Sein Vorgänger Olaf Cunitz hat diese Vorschrift eher als Vorschlag betrachtet. Bestes Beispiel ist der Luxuswohntower „One Forty West“ mit exakt null geförderten Wohnungen. In der Auseinandersetzung um den Mietpreisstopp bei öffentlichen Wohnungsunternehmen hat sich der frühere, grüne Planungsdezernent auf die Seite von Haus und Grund geschlagen. Die SPD hat den Mietpreisstopp, gegen die Grünen, erst für 5 Jahre durchgesetzt, dann auf 10 Jahre verlängert.“
Auch beim Vorschlag von Oberbürgermeister Peter Feldmann und Planungsdezernent Mike Josef die Mieten für Mieterinnen und Mieter der ABG zu senken, kam von den Grünen keinerlei Unterstützung.
Der Frankfurter Verkehrsdezernent habe in 5 Jahren mehr für den Radverkehr und Radwege getan, als die Grünen in all den Jahren davor, in denen sie in Verantwortung waren: „Die unsägliche Privatisierungsorgie der Busverkehre, das hat Klaus Oesterling gestoppt. Angerichtet hat das Schlamassel schwarz-grün. Auch die Umstellung von Ökostrom auf dreckigen Kohlestrom erfolgte im Jahr 2014 unter einem grünen Verkehrsdezernenten, so Witsch.“
In der kommenden Auseinandersetzung ruft Simon Witsch seine Partei nachdrücklich dazu auf, den Grünen nicht auf den Leim zu gehen: „Sie werden einer Koalition mit der CDU immer den Vorzug gegenüber einem Bündnis des sozialen Fortschritts geben, wenn die Mehrheitsverhältnisse es erlauben. Die Grünen sind der stille Mehrheitsbeschaffer der CDU.“